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Und plötzlich fehlt der Chef!
Richtige Mitarbeiterkommunikation bei der Trennung von Führungskräften.

Der lang­jäh­ri­ge Abtei­lungs­lei­ter wur­de ent­las­sen. Angeb­lich direkt frei­ge­stellt. Der Flur­funk glaubt, es lägen an den schlech­ten Quar­tals­zah­len. Angeb­lich hat ein Betriebs­rats­mit­glied hin­ter vor­ge­hal­te­ner Hand ein per­sön­li­ches Zer­würf­nis mit der Geschäfts­füh­rung durch­bli­cken lassen.

In der Abtei­lung herrscht hohe Ver­un­si­che­rung: Ist der eige­ne Arbeits­platz noch sicher oder steht man gar am Anfang einer Kün­di­gungs­wel­le? Wer führt künf­tig die Abtei­lung? Wer trifft Ent­schei­dun­gen im Tages­ge­schäft und erle­digt die Arbeit des vor­ma­li­gen Chefs? Von der Neu­gier des Flur­funks gar nicht zu reden.

Eine ver­gleich­ba­re Situa­ti­on haben vie­le Per­so­nal­ver­ant­wort­li­che und Füh­rungs­kräf­te bereits erlebt.  Die sich abzeich­nen­den Gefah­ren sind insbesondere:

    • Durch das direk­te Feh­len des aus­tre­ten­den Vor­ge­set­zen bleibt Arbeit liegen,
    • Es exis­tiert kei­ne Ver­ant­wort­lich­keit für Ent­schei­dun­gen im ope­ra­ti­ven Tagesgeschäft,
    • Wis­sens­ver­lust durch den aus­tre­ten­den Vorgesetzten,
    • Anse­hens­ver­lust des Unter­neh­mens, durch eine Kün­di­gung die von Mit­ar­bei­tern nicht nach­voll­zo­gen wer­den kann und dar­um als unge­recht­fer­tigt emp­fun­den wird,
    • Anse­hens­ver­lust des aus­tre­ten­den Vor­ge­setz­ten, des­sen sofor­ti­ge Frei­stel­lung Anlass zu Gerüch­ten über Fehl­ver­hal­ten gibt,
    • Mög­li­cher­wei­se unsi­che­re Rechts­la­ge durch ein schwe­ben­des Kündigungsschutzverfahren,
    • Ver­un­si­che­rung der Mit­ar­bei­ter, die sich vor­sichts­hal­ber schon nach neu­en Jobs umse­hen und damit poten­ti­ell unge­woll­te Aus­trit­te befördern.

Die Pro­fes­sio­na­li­sie­rung die­ses Pro­zess­schritts ist daher unab­ding­bar. Hier­zu gehört auch das Gespräch mit den direkt betrof­fe­nen Mit­ar­bei­tern. Am bes­ten unmittelbar.

 

1.               Geschwin­dig­keit

Je schnel­ler Sie kom­mu­ni­zie­ren, des­to gerin­ger das Risi­ko, dass über den Flur­funk fal­sche Gerüch­te ver­brei­tet wer­den. Ihre Mit­ar­bei­ter dis­ku­tie­ren das The­ma am Abend mit Ehe­part­nern und im Sport­ver­ein. Der Ver­lauf die­ser Gesprä­che ist Ihnen voll­stän­dig aus den Hän­den genom­men. Die Kom­mu­ni­ka­ti­on mit den Mit­ar­bei­tern fin­det daher idea­ler­wei­se unmit­tel­bar nach der voll­zo­ge­nen Tren­nung oder spä­tes­tens zum Zeit­punkt einer Frei­stel­lung statt. Die früh­zei­ti­ge Kom­mu­ni­ka­ti­on ver­mit­telt auch ein wert­schät­zen­des Signal: „Wir küm­mern uns um Euch!“

 

2.               Aktu­el­le Situation

Ver­schaf­fen Sie Ihren Mit­ar­bei­tern ein Grund­ver­ständ­nis über die momen­ta­ne Lage. Wenn kei­ne wei­te­ren Kün­di­gun­gen bevor­ste­hen, brin­gen Sie dies unbe­dingt klar zum Ausdruck.

Die Neu­gier Ihrer Mit­ar­bei­ter nach den Hin­ter­grün­den müs­sen Sie nicht befrie­di­gen und dür­fen dies auch häu­fig nicht. Spre­chen Sie auch dies klar an. Im bes­ten Fall gelingt es, mit dem aus­schei­den­den Vor­ge­setz­ten eine gemein­sa­me Sprach­re­ge­lung gegen­über den Mit­ar­bei­tern zu ver­ein­ba­ren. Dies soll­te unbe­dingt Gegen­stand in den Tren­nungs­ver­hand­lun­gen sein.

Bei­spiel:

„Wir haben uns in die­ser Woche von Herrn Huber getrennt. Damit ist natür­lich kein Unwert­ur­teil über Herrn Huber ver­bun­den. Es gab zwi­schen ihm und der Geschäfts­füh­rung sehr unter­schied­li­che Mei­nun­gen wie Ihre Abtei­lung stra­te­gisch aus­ge­rich­tet wer­den soll. Nach­dem wir hier­zu in den letz­ten Wochen sehr inten­si­ve Gesprä­che geführt haben, ist klar gewor­den, dass die Posi­tio­nen inhalt­lich sehr weit aus­ein­an­der lie­gen. Dies hat Herr Huber auch so gese­hen. Dar­um haben wir mit ihm gemein­sam ent­schie­den, uns von­ein­an­der zu tren­nen. Dass Herr Huber so schnell frei­ge­stellt wor­den ist, geht auf sei­nen eige­nen Wunsch zurück.“

Dies wird bei außer­or­dent­li­chen (frist­lo­sen) Kün­di­gun­gen und bei sehr kon­flikt­be­las­te­ten Tren­nun­gen meist nicht gelingen:

Bei­spiel im Fall einer außer­or­dent­li­chen Kün­di­gung nach einer schwe­ren Vertragspflichtverletzung: 

„Wir haben ges­tern gegen­über Herrn Mei­er die Kün­di­gung aus­ge­spro­chen. Ich ver­ste­he natür­lich, dass Sie alle mehr über die Hin­ter­grün­de erfah­ren möch­ten. Ich kann Ihnen lei­der der­zeit hier­zu nichts sagen. Dies hat auch recht­li­che Grün­de. Wir gehen davon aus, dass die Tren­nung nicht ohne Kon­flikt ablau­fen wird. Dies kommt bei vie­len Tren­nun­gen so vor und ist nor­mal. Auch ent­wer­tet es nicht natür­lich nicht die Tat­sa­che, dass Herr Mei­er mehr als zehn Jah­re lang wirk­lich gute Arbeit geleis­tet hat und ein hoch geschätz­ter Mit­ar­bei­ter gewe­sen ist. Zu aller­letzt soll die­se Tren­nung zu Ihren Las­ten gehen, dar­um möch­ten wir ger­ne mit Ihnen dar­über spre­chen, wie es nun in Ihrer Abtei­lung weitergeht.“

Kom­mu­ni­zie­ren Sie nur, was Sie auch sicher wis­sen. Wird eine Kün­di­gung recht­lich ange­grif­fen, kann sie sich im Pro­zess als rechts­wid­rig und damit unwirk­sam her­aus­stel­len. Spre­chen Sie vor­ab davon, dass Sie das Arbeits­ver­hält­nis been­det haben, setz­ten Sie sich an die­ser Stel­le unter Zugzwang.

Der Ton gegen­über dem aus­schei­den­den Mit­ar­bei­ter ist zu jeder Zeit wert­schät­zend und respekt­voll – auch bei stark kon­flikt­be­haf­te­ten Trennungen.

 

3.               Kurz­fris­ti­ge Planung

Neben der Nach­richt „Wir las­sen Sie nicht allei­ne!“ gilt es, inhalt­li­che The­men von kurz­fris­ti­ger Rele­vanz zu bespre­chen, die der Auf­recht­erhal­tung des Tages­ge­schäfts die­nen. Die Mehr­heit die­ser Fra­gen soll­te bereits vor Aus­spruch der Kün­di­gung beant­wor­tet sein. Im Fall einer außer­or­dent­li­chen Kün­di­gung ist dies frei­lich nicht immer möglich.

    • Wer über­nimmt inte­ri­mis­tisch die Auf­ga­ben des aus­tre­ten­den Vorgesetzten?

Im Regel­fall wer­den kei­ne Kapa­zi­tä­ten vor­han­den sein, die­se Auf­ga­ben voll­stän­dig zu über­tra­gen. Der Anteil an Füh­rungs­auf­ga­ben lässt sich am leich­tes­ten an den nächst höhe­ren Vor­ge­setz­ten oder einen kom­mis­sa­ri­schen Lei­ter aus dem Team dele­gie­ren. In jedem Fall müs­sen kla­re Berichts­we­ge her­ge­stellt werden.

Bei Fach­auf­ga­ben ist dies schwie­ri­ger. Die für eine wenigs­tens teil­wei­se mög­li­che Über­tra­gung not­wen­di­ge Prio­ri­sie­rung setzt ein annä­hernd voll­stän­di­ges Bild der Auf­ga­ben des Mit­ar­bei­ters vor­aus. Im Ide­al­fall hat er bereits im Zuge der Tren­nungs­ge­sprä­che eine the­ma­ti­sche Über­ga­be vor­be­rei­tet. Dies ist indes ehr die Aus­nah­me, als die Regel. Alter­na­tiv bleibt oft nur, sich die täg­li­chen To-Dos über die Stel­len­be­schrei­bung, Wis­sen der Mit­ar­bei­ter, sowie E‑Mails und Unter­la­gen her­zu­lei­ten. Die hier­auf auf­bau­en­de Prio­ri­sie­rung folgt dann dem „Eisen­hower-Prin­zip“:

Dass hier­bei ein­zel­ne Auf­ga­ben vor­über­ge­hend nicht bear­bei­tet wer­den, liegt in der Natur der Prio­ri­sie­rung. Die Mit­ar­bei­ter müs­sen Ihren Erwar­tungs­ho­ri­zont ken­nen und wis­sen, dass die Ver­ant­wor­tung für lie­gen geblie­be­ne Auf­ga­ben nicht allein auf ihnen las­tet. Hier­zu gehört es auch, dass Dis­kus­sio­nen mit Drit­ten um ver­än­der­te Pro­jekt­zeit­plä­ne und ver­säum­te Fris­ten durch regel­mä­ßig durch die nächst­ver­ant­wort­lich Füh­rungs­ebe­ne kom­mu­ni­ziert werden.

Neben den rei­nen Fach­auf­ga­ben müs­sen gege­be­nen­falls ein­zel­ne per­sön­li­che und orga­ni­sa­to­ri­sche Ein­bin­dun­gen defi­niert wer­den. Dies sind vor allem:

    • Frei­ga­be­pro­zes­se und Zugang zu Sachmitteln,
    • Zugang zu Know-How Trä­gern, wenn der aus­schei­den­de Mit­ar­bei­ter auch über Exper­ten­wis­sen  ver­fügt hat,
    • Gege­be­nen­falls per­sön­li­cher Zugang zu Kun­den und Lieferanten.

 

4.               Lang­fris­ti­ge Planung

Die lang­fris­ti­ge Pla­nung unter­liegt nicht der glei­chen zeit­li­chen Kri­ti­k­ali­tät, wie die vor­her­ge­hen­den Punk­te. Hier geht es vor allem dar­um, die vol­le Hand­lungs­fä­hig­keit des Bereichs wie­der­her­zu­stel­len. Dass im Zuge der Umver­tei­lung von Auf­ga­ben Mehr­be­las­tun­gen bei den Mit­ar­bei­tern nur vor­über­ge­hend sein sol­len, ist nur dann glaub­haft, wenn dem ein lang­fris­ti­ges Kon­zept zugrun­de liegt.

Pri­mä­res Ele­ment der lang­fris­ti­gen Pla­nung ist die Fra­ge der Nach­be­set­zung. Fin­det eine Nach­be­set­zung statt? Ent­spricht die­se 1 zu 1  der Rol­le der aus­ge­tre­te­nen Füh­rungs­kraft? Bei Per­so­nal­ab­bau­maß­nah­men oder Ver­schlan­kun­gen der Füh­rungs­struk­tur wird eine die­ser Fra­gen typi­scher­wei­se mit „nein“ beant­wor­tet. Mit­ar­bei­ter wis­sen, dass dies für sie mehr Arbeit und höhe­ren Druck bedeu­tet. Wer bei der Klä­rung die­ser Fra­ge Zeit schin­det, ver­liert schnell ver­trau­en. Alle­mal ziel­füh­ren­der ist es, bei dem Weg­fall der Stel­le mit den Mit­ar­bei­tern an dem „Wie“ der Umset­zung zu arbeiten.

5.               Feed­back und Nachverfolgung

Das beschrie­be­ne Vor­ge­hen kann nur zum Erfolg füh­ren, wenn es ins­be­son­de­re hin­rei­chend spe­zi­fisch und ter­mi­niert ist. Hier­zu gehört selbst­ver­ständ­lich die Ver­ein­ba­rung einer Nach­ver­fol­gung der not­wen­di­gen Schrit­te in Abstim­mung mit den Mit­ar­bei­tern. „Wir haben einen Plan und es geht wei­ter!“, könn­te an die­ser Stel­le die Bot­schaft lau­ten. Die Ter­mi­ne zur Nach­ver­fol­gung die­nen dabei min­des­tens zu glei­chen Tei­len auch der Mög­lich­keit der Mit­ar­bei­ter, Fra­gen, Besorg­nis­se und offe­ne Aspek­te anzusprechen.

Fazit:

Die Tren­nung von Mit­ar­bei­tern ist eine Situa­ti­on, in denen Unter­neh­men Kul­tur bewei­sen kön­nen und müs­sen. Schlag­wor­te wie Wert­schät­zung und fla­che Hier­ar­chien wer­den hier auf die Pro­be gestellt. Die Her­aus­for­de­rung besteht dar­in, wäh­rend eines anspruchs­vol­len Pro­zes­ses – der Tren­nung von einem Mit­ar­bei­ter – die Gesamt­la­ge nicht aus den Augen zu ver­lie­ren, son­dern von Beginn an in den Pro­zess ein­zu­bin­den. Wie gezeigt, sind die ein­zel­nen Schrit­te dabei für sich genom­men nie­der­schwel­lig, dro­hen aber in der Hit­ze des Gefechts ver­nach­läs­sigt zu wer­den. Daher ist es hoch rat­sam, auch für die­se Pro­ble­me ein pro­fes­sio­na­li­sier­tes und stan­dar­di­sier­tes Vor­ge­hen zu entwickeln.

Tim Christian Riechel

Als Unter­neh­mens­be­ra­ter und Rechts­an­walt bera­te ich Sie in Restruk­tu­rie­rungs- und Füh­rungs­the­men und ver­tre­te Sie in allen arbeits­recht­li­chen Angelegenheiten. 

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