Verfall von Urlaubsansprüchen — Ein Crashkurs
23.03.2023
Verfällt Urlaub künfitg nicht mehr? Das BAG spricht Klarheit. (Foto: unsplash.com)
Der Hintergrund:
Mit Urteil vom 19.02.2019 (BAG, Urteil vom 19.02.2019, Az.: 9 AZR 541/15) hat das Bundesarbeitsgericht festgestellt, dass der gesetzliche Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers nicht mehr automatisch entfällt. Dies ist unabhängig von den Regeln des Bundesurlaubsgesetzes.
§ 7 Bundesurlaubsgesetz bestimmt den Verfall von Urlaubsansprüchen:
§ 7 Abs. 3 BurlG:
Der Urlaub muß im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muß der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden. Auf Verlangen des Arbeitnehmers ist ein nach § 5 Abs. 1 Buchstabe a entstehender Teilurlaub jedoch auf das nächste Kalenderjahr zu übertragen.
Damit ist eigentlich bestimmt, dass der Resturlaub zum Jahresende verfällt. Es gibt zwei Ausnahmen:
- Der Arbeitnehmer kann aus Gründen, die in seiner Person liegen keinen Urlaub nehmen. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn er zum Jahresende arbeitsunfähig ist und daher seinen Urlaub nicht nehmen kann
- Der Arbeitnehmer aus betrieblichen Gründen seinen Urlaub nicht nehmen kann. Dies ist der Fall, wenn betriebliche Gründe z.B. wegen Auftragsspitzen oder akute Personalknappheit dem Urlaubswunsch entgegenstehen.
EuGH und BAG stellen weitere Regeln für den Verfall auf
Nach einer Grundsatzentscheidung des Europäischen Gerichtshofs, verstößt diese deutsche Regelung aber gegen unionsrechtliche Grundsätze. Dem war zuletzt auch des Bundesarbeitsgericht gefolgt. Um das deutsche Recht in Übereinstimmung mit Unionsrecht auszulegen, hatte es weitere Grundsätze für den Verfall entwickelt.
- anweist, seinen Jahresurlaub bis zum Verfallsstichtag zu nehmen und
- darauf hinweist, dass der Urlaubsanspruch an sonsten verfällt.
1. Urlaub und Verjährung im laufenden Arbeitsverhältnis
Spätestens mit dem BAG Urteil aus dem Jahr 2019 ist nun die Büchse der Pandora offen: Darf der Urlaubsanspruch nach deutschen Recht überhaupt erlöschen? Dass ein Urlaubsanspruch — wie alle anderen Ansprüche auch — der Verjährung unterliegt, galt bis dahin als gesichert.
Hierzu hat sich das Bundesarbeitsgericht nun am 20.12.2022 klar positioniert:
Der Fall stark verkürzt:
Nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses begehrt der ehemalige Mitarbeiter Abgeltung von Resturlaub, der vor vier Jahren nicht genommen worden ist. Er beruft sich darauf, dass der Arbeitgeber ihn nicht über die Verfallfristen belehrt habe und der Urlaub daher nicht verfallen sei.
Der Arbeitgeber gesteht die fehlende Belehrung zu, beruft sich aber auf die regelmäßige Verjährungfrist von drei Jahren.
Das sagt das Bundesarbeitsgericht:
2. Urlaub und Verjährung nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses
Im gleichen Zuge stellt sich die Frage, ob und wenn ja wann Urlaubsansprüche nach dem Austritt des Mitarbeiters verjähren, da ja spätestens mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses die Urlaubsnahme in Natura unmöglich ist und eine Belehrung des Arbeitgebers damit sinnlos:
Auch hierzu hat das BAG Stellung genommen:
Der Fall stark verkürzt:
Das sagt das Bundesarbeitsgericht:
Die Verjährungsfrist des Urlaubsabgeltunganspruchs beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem das Arbeitsverhältnis endet.
3. Verfall von Urlaubsansprüchen bei Arbeitsunfähigkeit
Im Fall von fortdauernder Arbeitsunfähigkeit taucht das Problem erneut auf:
Der Fall stark verkürzt:
Das sagt das Bundesarbeitsgericht:
Urlaubsansprüche bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit verfallen 15 Monate nach dem Ende des Urlaubsjahres, also zum 31.03. des nächstfolgenden Jahres. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht auf die Verfallsregeln hingewiesen hat.
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