Das Nachweisgesetz und Änderungen zum 01.08.2022
Zum 01.08.2022 ist das neue Nachweisgesetz in Kraft getreten. Welche Änderungen sind damit eingetreten und was müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmer künftig beachten?
Das Nachweisgesetz:
Seit 1995 gilt in Deutschland das Nachweisgesetz. Kerninhalt der Regelungen ist die Schaffung von Transparenz über die wesentlichen Rechte und Pflichten im Arbeitsverhältnis. Diese Transparenz kann durch einen schriftlichen Arbeitsvertrag oder durch eine schriftliche Bestätigung des Arbeitgebers hergestellt werden. Schriftlich bedeutet, dass es ein physisches Schriftstück mit eigenhändiger Unterschrift geben muss. Die Ersetzung durch die elektronische Form ist ausgeschlossen.
Im Arbeitsvertrag oder in der Bestätigung des Arbeitgebers müssen die wesentlichen Arbeitsbedingungen niedergelegt sein. Was unter den Begriff der wesentlichen Arbeitsbedingungen fällt ist nicht abschließend geregelt. Das Nachweisgesetz zählt aber in § 2 Abs. 1 die in der Praxis wichtigsten Arbeitsbedingungen auf.
Kurzkommentierung:
Der vereinbarte erste Arbeitstag muss angegeben werden.
Da die Befristungsabrede ohnehin der Schriftform bedarf (§ 14 Abs. 4 TzBfG), ist die konkrete Nennung der Befristungsdaten ohnehin selbstverständlich.
Gemeint ist der regelmäßige Ort der Tätigkeit, typischerweise der Sitz des Unternehmens. Gibt es mehrere regelmäßige Tätigkeitsorte, oder kann der Arbeitsort häufig wechseln (Beispiel: Montagetätigkeit auf Baustellen), muss ein entsprechender Hinweis aufgenommen werden.
Zur Tätigkeitsbeschreibung genügt regelmäßig ein Schlagwort (Beispiel: Maschinen- und Anlagenführer, Sachbearbeiter Buchhaltung, Mitarbeiter Vertriebsinnendienst). Die in der Praxis häufig ausführlichen Funktions- und Stellenbeschreibungen sind als Organisationsinstrument empfehlenswert, aber nicht durch § 2 Nr. 5 Nachweisgesetz verlangt.
Nach § 622 Abs. 3 BGB kann eine Probezeit von längstens sechs Monaten vereinbart werden. Dies hat die Wirkung, dass die Kündigungsfrist nicht mehr vier Wochen zum 15. Oder Monatsende beträgt. Statt dessen kann das Arbeitsverhältnis während der Probezeit mit zweiwöchiger Frist gekündigt werden.
Wichtig ist, den Begriff der Probezeit nicht mit der Wartezeit nach § 1 Abs. 1 Kündigungsschutzgesetz zu verwechseln: Nach dieser Vorschrift greift der allgemeine Kündigungsschutz innerhalb der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses noch nicht. Dies ist von einer eventuell vereinbarten Probezeit unabhängig.
Erforderlich sind alle wesentlichen gehaltswirksamen Faktoren:
- Reguläres Grundgehalt
- Variable Entgeltbestandteile: Prämien, Zulagen, Zuschläge
- Andere Gehaltsbestandteile: Zum Beispiel Sachleistungen wie (teilweise) arbeitgeberfinanziertes Mittagessen, ein gestellter Dienstwagen oder Tankgutscheine
- Fälligkeitstermin – Dies ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn einzelne Gehaltsbestandteile unterschiedlichen Fälligkeitszeitpunkten unterliegen, wie es häufig bei Leistungsprämien der Fall ist.
- Form der Auszahlung: Typischerweise durch Überweisung auf das Konto des Mitarbeiters
Faustregel: Alle Leistungen an den Arbeitnehmer, auf die ein Anspruch besteht und die sich auf der Entgeltabrechnung wiederfinden müssen abgebildet werden.
Die Ersetzung durch eine Bezugnahme auf Gesetze, Tarifverträge oder Betriebs/-dienstvereinbarungen ist möglich.
* Als Arbeitszeit wird die vereinbarte reguläre Arbeitszeit angegeben. Als Referenzzeiträume sind vor allem Wochenarbeitszeiten üblich. Bei Teilzeitverträgen sollte außerdem die Länge der täglichen Arbeitszeit, sowie deren Verteilung über den Wochenzeitraum angegeben werden.
* Ruhepause sind Unterbrechungen der Arbeitszeit nach § 4 ArbZG. Wenn auf das Arbeitsverhältnis nur die gesetzlichen Pausenregelungen Anwendung finden sollen, ist ein schlichter Hinweis auf die gesetzliche Regelung ausreichend. Dies gilt entsprechend für Regelungen in Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen.
* Ruhezeiten sind die Zeiträume zwischen der Niederlegung der Arbeit am Arbeitstag und der Aufnahme der Arbeit am nächsten Arbeitstag nach § 5 ArbZG. Auch hier gilt: Soll nur die gesetzliche Regelung Anwendung finden, genügt ein Hinweis auf das Gesetz. Entsprechendes gilt wieder für Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen.
Die Arbeit auf Abruf ist eine Form der flexiblen Arbeitszeitgestaltung, in der Mitarbeiter je nach Arbeitsanfall angefordert werden können. Da dies mit einer Verlagerung des Betriebsrisikos auf den Arbeitnehmer einhergeht, ist die Vereinbarung der Arbeit auf Abruf nur unter strengen Voraussetzungen möglich. Die wichtigsten Punkte der Wirksamkeit einer solchen Vereinbarung müssen nun auch im Wege des Nachweises der Arbeitsbedingungen beachtet werden:
* Die grundsätzliche Vereinbarung der Arbeit auf Abruf
* Die Zahl der mindestens zu vergütenden Stunden
* Der Zeitrahmen der Arbeit auf Abruf in einem zu nennenden Referenzrahmen
* Die Ankündigungsfrist zum Abruf der Arbeit
Diese Vorschrift kann nicht durch einen Hinweis auf gesetzliche, tarifliche oder betriebliche Regelungen ersetzt werden.
Die meisten Arbeitsverträge sehen die Möglichkeit von Überstunden vor. Überstunden in diesem Sinne sind alle Arbeitszeiten, die über die vereinbarte Arbeitszeit im Referenzrahmen hinausgehen.
Nachweispflichtig ist nunmehr die Vereinbarung der Möglichkeit von Überstunden, sowie die Voraussetzung der Anordnung. Hierzu gehört insbesondere der zeitliche Umfang und eine Ankündigungsfrist.
Ein Hinweis auf tarifliche oder betriebliche Regelungen ist möglich.
Auch der jährliche Urlaubsanspruch muss nun schriftlich niederlegt werden. Die Ersetzung durch einen Hinweis auf die entsprechende gesetzliche, tarifliche oder betriebliche Regelung ist möglich.
Wenn ein Anspruch auf Fortbildungen vereinbart worden ist, muss dieser auch schriftlich niedergelegt werden.
Änderung zum 01.08.2022 – Diese Vorschrift wurde erstmals eingefügt.
mm. Bei betrieblicher Altersversorgung: Name und Anschrift des Versorgungsträgers
Führt der Arbeitgeber die betriebliche Altersversorgung durch einen externen Versorgungsträger (Pensionskasse, Pensionsfonds oder Direktversicherung) durch, muss er grundsätzlich dem Mitarbeiter Name und Anschrift des Trägers mitteilen.
Dies gilt allerdings nicht, wenn der Träger selbst zur Auskunft verpflichtet ist. Diese Vorschrift ist praktisch irrelevant, da eine solche Auskunftspflicht nach den Vorschriften der betrieblichen Altersversorgung ohnehin besteht.
Der Arbeitgeber muss nun erstmals das Kündigungsverfahren niederschreiben. Dies ist schon deswegen bemerkenswert, da sich die entsprechenden Vorschriften grundsätzlich aus dem Gesetz ergeben. Das Nachweisgesetz sind als Minimum vor:
- Bestimmung der Schriftform der Kündigung
- Die anwendbare Kündigungsfrist
- Die dreiwöchige Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage durch den Arbeitnehmer nach § 4 KSchG
Noch ist unklar, ob diese Regelung auch detailliertere Ansprüche an andere Arten der Kündigung stellt. Dies ist insbesondere im Hinblick auf die Kündigung von Schwerbehinderten, Massenentlassungen oder Änderungskündigungen erheblich.
In jedem Fall macht eine Formverletzung des Nachweisgesetzes die Kündigung nicht unwirksam.
Der Nachweis kann durch den Verweis auf die anwendbare gesetzliche, tarifliche oder betriebliche Regelung ersetzt werden.
Wenn Tarifverträge, Dienst- oder Betriebsvereinbarungen auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden, müssen diese in allgemeiner Form beschrieben werden. Dabei genügt der allgemeine Hinweis auf die Summe der anwendbaren Tarifverträge (Zum Beispiel: Die Tarifverträge der chemischen Industrie für das Land Bayern).
Was gilt für Bestandsverträge?
Bestehende Arbeitsverträge müssen grundsätzlich nicht geändert werden. Auf Verlangen des Arbeitnehmers muss diesem allerdings ein Nachweisschreiben ausgehändigt werden, welches den neuen Regeln des Nachweisgesetzes entspricht.
Was gilt bei zum 01.08. eintretenden Mitarbeitern, deren Arbeitsverträge vor dem 01.08.2022 geschlossen worden sind?
Gleich, zu welchem Zeitpunkt der Arbeitsvertrag geschlossen worden ist, wenn der Unternehmenseintritt ab dem 01.08.22 erfolgt, muss der Arbeitsvertrag den neuen Bestimmungen entsprechend oder ein entsprechens Schreiben nach dem Nachweisgesetz ausgestellt werden.
Gesetzestext
Den vollständigen Gesetzestext finden Sie in der jeweils gültigen Fassung unter:
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Tim Christian Riechel
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