Urteil: Unwirk­sa­mer Auf­he­bungs­ver­trag und das Gebot fai­ren Verhandelns

Bun­des­ar­beits­ge­richt, Urteil vom 24. Febru­ar 2022 – 6 AZR 333/21 –

Bild: unsplash.com / Mari Helin

Der Fall

Der Arbeit­ge­ber hat­te der Arbeit­neh­me­rin vor­ge­wor­fen, sie habe in der EDV-Daten­bank des Unter­neh­mens uner­laubt Ein­kaufs­prei­se redu­ziert, um höhe­re Gewin­ne vor­zu­täu­schen. Daher unter­brei­te­te er im Bei­sein sei­nes Rechts­an­walts einen Auf­he­bungs­ver­trag. Hier­bei räum­te er der Arbeit­neh­me­rin kei­ne Bedenk­zeit zur Annah­me des Auf­he­bungs­ver­trags ein. Im Wei­te­ren droh­te er für den Fall der Nicht­an­nah­me mit einer außer­or­dent­li­chen Kün­di­gung und Erstat­tung einer Straf­an­zei­ge. Hier­auf hin hat­te die Arbeit­neh­me­rin den Auf­he­bungs­ver­trag unterzeichnet.

Die kla­gen­de Arbeit­neh­me­rin hat im Fol­gen­den den Auf­he­bungs­ver­trag ange­foch­ten. Sie berief dar­auf, sie sei wider­recht­lich mit der Erstat­tung einer Straf­an­zei­ge bedroht worden.

Das Bun­des­ar­beits­ge­richt entschied:

Die Dro­hung mit einer Kün­di­gung und auch mit einer Straf­an­zei­ge ist nicht wider­recht­lich, wenn ein ver­stän­di­ger Arbeit­ge­ber die Kün­di­gung oder Anzei­ge ernst­haft in Betracht zie­hen durfte.

Fazit:

Der Auf­he­bungs­ver­trag unter­lie­gen wie alle ande­ren Ver­trä­ge auch der Anfech­tung nach §§ 119 ff. BGB. Der in der Pra­xis bedeut­sams­te Anfech­tungs­grund ist die wider­recht­li­che Dro­hung. Wider­recht­lich ist eine Dro­hung immer dann, wenn das ange­droh­te Mit­tel, der ver­folg­te Zweck oder die Mit­tel-Zweck-Rela­ti­on rechts­wid­rig sind. Weder die Andro­hung einer Straf­an­zei­ge, noch der Abschluss eines Auf­he­bungs­ver­trags sind für sich betrach­tet rechts­wid­rig. Die Recht­spre­chung betrach­tet die Mit­tel-Zweck-Rela­ti­on dif­fe­ren­ziert: Sie wird gemes­sen am Maß­stab eines hypo­the­ti­schen ver­nünf­ti­gen Arbeit­ge­bers. Hat die­ser grund­sätz­lich ver­nünf­ti­ge und schlüs­si­ge Grün­de, eine Kün­di­gung in Erwä­gung zu zie­hen, ist die Andro­hung der Kün­di­gung nicht rechts­wid­rig. Die­ses etwas abs­trak­te Kon­strukt stellt klar, dass es einer­seits nicht not­wen­dig ist, dass die­se Kün­di­gung dann auch nach dem Maß­stab des Kün­di­gungs­schutz­ge­set­zes bestand hät­te und ande­rer­seits mehr als blo­ße Will­kür oder Spe­ku­la­ti­on voraussetzt. 

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